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Splittermond angeschaut

Impressionen zum Pen & Paper System von NordCon und Beta-Regeln

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Splittermond ist das neue deutsche Wechselbalg der Pen & Paper Szene, mit geplantem Release des Grundregelwerks im Oktober (zu den Internationalen Spieletagen in Essen). Wechselbalg deshalb, weil es ein wenig nach DSA anmutet, nur nicht so wirr-verkompliziert, und noch anderes in ihm steckt, neben dem leichten DSA-Eindruck noch etwas Fremdes und sehr viel Eigenes. Seinen eigenen Kopf hat das phantasievolle Kind ohne Frage – und frech (frisch?) muss es sein, schließlich will es unsere Herzen und Träume erobern.

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Ich war vor etwa zwei Wochen auf der Vorstellungsrunde im Zuge der NordCon in Hamburg, verfolge seitdem die Entwicklung von Splittermond und habe die Beta-Regeln durchforstet. Ich möchte hier keine umfassende Vorstellung des Splittermond-Systems verfassen, sondern lediglich einen Einblick geben, genährt von meinen NordCon-Erinnerungen, meinem positiven ersten Eindruck, und außerdem einzelne Splitter (!?!) hervorheben.

Splittermond erscheint im Uhrwerk Verlag und wird geschaffen und betreut von einem Autoren-Team, die laut ihrer Website selbst alle begeisterte Rollenspieler sind.

Ich selbst spiele seit über 20 Jahren Pen & Paper, bin aber weder Regelfuchs noch profunder Kenner von tausend Systemen, ich urteile eher nach Impression, Assoziationen und Emotionen, die das Blättern in den Beta-Regeln hervorrufen. Die harte vergleichende „Abrechnung“ zwischen Splittermond und eurem derzeitigen Lieblingssystem bleibt euch selbst überlassen.

Allgemeines zur Welt & Komplexität

Wie bereits erwähnt, das Regelwerk und die Charaktererschaffung erinnern von der Komplexität her ein wenig an DSA, aber gefühlt etwas entschlackt und gestrafft. Gut so. Das soll nicht heißen Splittermond wirke wie eine Kopie des in Deutschland so beliebten Systems, keinesfalls, für mich fühlt es sich eigenständig genug an, um dies vehement zu bestreiten. Aber es ist eben auch deutlich detaillierter als D&D4 oder Pathfinder, ich denke gerade an die Charaktererschaffung.

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Bedingt durch die vielen Eigenheiten und Besonderheiten, gerade im Kampfsystem, solltest du dich in jedem Fall einlesen, oder der Spielleiter eine Erklärsession planen – in unserer D&D Runde haben wir Neueinsteigern die meisten Regeln „on the go“ erläutert, das würde ich für neue Splittermondler nicht empfehlen.

Die Welt Lorakis (klick dich hier zur offiziell veröffentlichen Weltkarte) ist groß und vielfältig. Laut Vorstellung auf der NordCon finden wir in ihr Völker und Staaten inspiriert an europäischem Mittelalter, wie auch dem alten China (ohne Schußwaffen) und persisch-arabischen Kulturen. Weite Teile der Welt sollen außerdem unzivilisierte Wildnis bieten, damit der geneigte Abenteurer Raum zum forschenden Erobern hat, und natürlich gibt es mindestens einen verwüsteten Landstrich, in dem sowohl Magie als auch Tierwelt verdreht und verdorben auf eure verrückte Gruppe warten. In der Präsentation wurde von einem gefallenen Reich gesprochen, abgeschottet vom Rest des Landes durch einen Wächterorden – leider sind mir sowohl Ordensname als auch mehr zum Hintergrund des zerstörten Reiches entfallen. Edit: es heißt die „Verheerten Lande“.

Das Standardregelwerk wird übrigens Übersicht liefern über die gesamte Welt, mit einem Fokus auf Dragorea und die Kristallsee. Dabei handelt es sich um das europäisch-orientierte Setting, was in jedem Fall Sinn macht, da der Großteil der Spielermasse sich dort eher heimisch fühlen dürfte als in einem asiatisch-inspirierten Raum. Natürlich wird es später auch Quellenbücher zu allen anderen Reichen, wie auch weiteren Themen geben.

Die Welt Lorakis wird bevölkert von Zwergen, Gnomen, Elfen und Menschen als Spielerrassen, als Exotenbonus gibt es die Varge, eine Rasse von Wolfsmenschen, welche sich vielerorts in die Zivilisation integriert haben. Generell sind die genannten nichtmenschlichen Rassen allgemein akzeptiert und vielerorts anzutreffen (obwohl es ganz sicher auch kleine Bereiche hier und da gibt, in denen z.B. ein Elf mit großen Augen ungläubig angestarrt wird). Neben Orks, die in Splittermond eindeutig als böse und feindlich kategorisiert sind, bietet uns Splittermond die Rattlinge, humanoide Ratten, als überall verbreitete räuberische Plage an. Im Gegensatz zu den Orks sind diese jedoch nicht per se böse, ob ihrer diebischen Art jedoch mindestens mit Skepsis zu betrachten.

Übrigens: Elf ist nicht gleich Elf, und Zwerg schon garnicht! Will sagen: es gibt verschiedene Völker unter den Rassen, ähnlich wie bei uns Menschen, etwa Gletscherzwerge und Seealben (nein, nicht mit Kiemen und auch nicht aus Atlantis, sondern Seefahrer).

Mehr zu Setting und Geschichte findet ihr auf der Splittermond-Homepage, ich werde mich im Folgenden nur noch einer Besonderheit, den Mondpfaden, sowie dem Kampfsystem widmen.

In der Summe bin ich selbst von der Gesamtaufmachung begeistert, hätte mir aber statt dem asiatisch angehauchten Weltbereich eher gewünscht, dass man afrikanische Stämme oder Inkas hernimmt, und Anleihen aus deren Kultur ins Phantasy-Mittelalter hochzivilisiert. Na gut, diese Arbeit bleibt dann wohl an mir selbst hängen…

Zu Grafik- / Zeichenstil

Zum Glück ist der Zeichenstil nicht feenartig süß-niedlich, so daß man vom Drang entbunden ist einen Gegner lieber zu umarmen, statt ihn zu verdreschen. Vor so etwas habe ich gerade bei deutschen Spielen immer Angst. Ich weiß auch nicht woher das kommt, und wenn’s nach mir ginge, verschwände der Cutie-Style sofort in der Versenkung. Trotz der Absenz von übertriebener Niedlichkeit ist aber der Splittermond-Stil nicht hart, nicht brutal, sprich hat viele runde Formen, gut zu beobachten an den Gesichtern. Das wird nochmal unterstrichen indem alle (mir bekannten) Charaktere – egal ob Adel, vom Land oder aus der Gosse – eigentlich hübsch sind. Ihre Kleidung ist sauber, hat keine Löcher, Kratzer, zerrissene Ecken.

Über Geschmack wollen wir nicht streiten, ich finde es schön, und der nicht vorhandene abgerissen-schmutzige Stil würde sich wahrscheinlich weitaus schlechter verkaufen als der gewählte. Da nutzt es auch nichts, daß mir persönlich der Dreck besser gefallen würde. Zur Sicherheit wiederhole ich: ich finde es trotzdem schön. Außerdem mag ich die Detailverliebtheit bei den Bildern der Premade-Charaktere, etwa am Gürtel und den Schultern der Seealbin Tiai.

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Fokus & Kampf

Sehr gespannt bin ich auf die finale Version der Kampfregeln. Die erscheinen in der Beta-Version nämlich interessant, aber zu kleinteilig, vor Allem wenn man an Kämpfe mit 15 und mehr Teilnehmern denkt. Ich gehe davon aus, daß die Autoren eher an kleinere Gefechte denken, vielleicht bin ich zu sehr vorbelastet von haufenweise Minions, die aus D&D Gewölben strömen. Auf der NordCon zumindest haben die Splittermondler bestätigt, manche Bereiche des Kampfsystems würden noch überarbeitet.

Wovon redet der Kerl da jetzt?
Bei Splittermond haben alle Aktionen eine Dauer, gemessen in Ticks. Wenn ich gehe, dauert das 5 Ticks. Wenn ich schlage dauert es (nach Waffe) z.B. 8 Ticks. Je nach Initiative haben alle SC & NSC einen Platz auf einem Zeitstrahl, und wenn ich durch die Dauer meiner Bewegung etwa an einem NSC auf dem Zeitstrahl vorbeiziehe, so darf jener zuerst etwas tun, bevor ich zuschlagen kann. Comprende? Falls nicht: es ist im Beta-Regelwerk sehr schön erklärt.

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Das ist erstmal cool, weil es den Kampf lebendiger macht und Aktionen verschiedener Teilnehmer durcheinander wirbelt. Außerdem ermöglicht es uns länger dauernde Aktionen, etwa einen dicken fetten Zauber, zu unterbrechen. Es hält den Kampf auch spannend im Dunkeln, denn unabhängig von Splittermond ist man als Normalsterblicher schon ziemlich gut dabei, wenn man 3-5 Spielzüge vorausdenken kann. Aber ist das noch spielbar, wenn meine 5 Abenteurer von 12 Rattlingen umringt werden? Wir werden es im Herbst testen.

Weitere tolle Möglichkeiten finden Magiebegabte im Fokussystem: das Sprechen eines Zaubers kostet Fokuspunkte, welche man bei Bedarf auch verzehren kann, um einen stärkeren Effekt auszulösen. Verzehrte Punkte erhält man viel langsamer zurück als normal verbrauchte. So kann man sich in einer Notsituation ausbrennen, den Tag retten auf Kosten anschließender Schwäche. Auch hier wird sich in der finalen Version zeigen, wie gut diese tolle Basisidee umgesetzt wurde, sprich inwiefern frei skalierbar die gelieferten Regeln sind.

Der Splittermond und Mondpfade

Fast vergessen zum Ende des Artikels: der namensgebende Splittermond. Der trägt seinen Namen nämlich – Überraschung! – weil er teilweise zerbrochen ist. Dieses Desaster läutete in Lorakis eine neue Zeitrechnung ein, die Gründe für die Katastrophe dürfen wir wahrscheinlich in einer Abenteuerserie erforschen. Bekannt ist in jedem Fall, dass sich herabgestürzte Bruchstücke hervorragend zur Erstellung von magischen Artefakten eignen, etwa Waffen aus Mondstahl.

Desweiteren sind einige wenige Individuen sozusagen auserwählt, vom „Mondmaster-splinter berührt“ und erhalten dadurch eine besondere Kraft. Ja, eure Abenteurer zählen alle zu diesen wenigen Auserwählten. Was diese besonderen Kräfte bewirken können, wird im Beta-Regelwerk nur angekratzt. Ich hoffe aber es gibt eine Kraft, die waffenlosen Kampf verstärkt, damit meine Abenteurer auf einen mondberührten Rattling treffen können, der „Splitter“ heißt. Spaß beiseite: es ist eine großartige Möglichkeit, deinen Charakter zu individualisieren, und zusätzlich verwoben mit der Mystik des Landes.

Mondpfade? Mondpfade! Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal von Splittermond – an diversen Orten der Welt Lorakis gibt es Portale, die sich anhand bestimmter Mondphasen öffnen, und nach einer kurzen Reise durch die Anderswelt zu einem bestimmten Punkt auf der Welt führen. Dadurch kann sich eine Reise um die halbe Welt um viele Wochen (Monate?) verkürzen. Logischerweise haben sich um viele dieser Portale große Handelszentren gebildet. Doch diese Reisen haben auch Tücken, denn die Anderswelt ist ein unstetes Pflaster, so daß die Reise von Portal zu Portal selbst Stoff für ein kleines Abenteuer bilden könnte.

Zu den Mondpfaden wie auch anderen Aspekten des Systems gäbe es jetzt noch viel Interessantes zu berichten. Den geplanten Artikelrahmen habe ich jedoch bereits gesprengt. Somit entlasse ich euch mit einer Sammlung Links und einer Bitte:
geht und schaut euch die Splittermond Homepage an, erzählt euren Freunden von meinem Artikel und Splittermond, testet das Spiel, wenn es im Oktober veröffentlicht wird.

Splittermond sieht bisher vielversprechend genug aus, um unterstützt und ausprobiert zu werden. Außerdem wird es doch Zeit, den ollen Opa DSA von seinem Thron zu stoßen, findet ihr nicht? Auf zur Revolution!

Splittermond-Links:
Karte von Lorakis
Beta-Regelset
Promo Mini-Abenteuer

Splittermond Facebook-Page (LIKEN!)
Splittermond Homepage

P.S. alle Bilder sind Ausschnitte aus dem Beta-Regelwerk, man möge mir den Klau vergeben, ich hab schonmal das Rattling-Spielen ausprobiert.

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