Carpe Pagina

Schreiben. Schlafen. Spielen.

Conorga 101: Gruppendynamik erzeugen als SL Teil 1

Wie man als SL die Interaktion von Spielern fördern könnte

Tags: , , , , , , , , , ,

Eine Gedankensammlung zur Orga unserer Schwarzbernstein-Cons, Blogeintrag angestoßen von einem Artikel zum Thema „Teambuildingmaßnahmen im LARP“.

Die Situation ist bekannt, so man etwas LARP-Erfahrung hat und bewußt über den Rand seiner engeren IT-Gruppe hinaus schaut:
Kleinere und vor allem größere IT-Gruppen kapseln sich ab, spielen unter sich, Neueinsteiger und Alleinreisende haben Anschlußschwierigkeiten, die Gruppendynamik auf dem Con will nicht richtig in Gang kommen.


Das passiert manchmal, und auf anderen Veranstaltungen kann man es überhaupt nicht beobachten. Meiner Ansicht nach wird es gefördert durch die Anwesenheit sehr großer Gruppen, da diese am Plot / der Handlung autark teilnehmen können. Es wird auch gefördert von zu arger Bevorzugung seiner Stammspieler, oder erzeugt durch Vorlieben einer SL für das Spiel einer bestimmten Gruppe.

Gelegentlich ist es einfach die zufällige Konstellation vor Ort (fehlende Sympathie, Arroganz, nicht zueinander passende oder gar divergierende Charakterkonzepte eingeschlossen).

Wie kann ich als Orga die Gruppendynamik fördern?

Ich möchte mich der Meinung von Boolk anschließen:
Eine Generallösung gibt es nicht. Allerdings habe ich Vorschläge, die zur Förderung der Interaktion wie auch der Integration beitragen könnten.

1. Probiert Boolk’s Teambuilding-Ideen

Was auf Firmenveranstaltungen funktioniert, sollte sich auch ins LARP übertragen lassen. Zumal viele Teambuildingmaßnahmen als exzellente Vorlage für Plotaufgaben mit physischem Anspruch dienen können, und davon gibt es außerhalb von Kämpfen selten etwas zu sehen. Es entsteht ein Synergie-Effekt: Interaktion zwischen sich fremden Spielern kann gefördert werden, und man bindet selten genutzte Plotvariationen ein.

2. Zweites Gesicht & Einflüsterung nutzen

Spieler integrieren häufig eine Affinität zu etwas in ihr Charakterkonzept. Klassisch sind Priester-Gottheit-Konstrukte, die Naturverbundenheit von Wildelfen und Druiden, das „Zweite Gesicht“ (nicht der Zauber, sondern Eingebungen haben).

Solche Spieler sind es gewohnt (oder: hoffen darauf), nicht greifbare Zusatzinformationen zu erhalten, wenn sie sich in „ihrem Element“ bewegen (Beispiel: ein Druide spürt bei Betreten eines verfluchten Waldes dessen Leid). Ihr als Orga müßt diesen Umstand nur geschickt nutzen, um Menschen miteinander zu verbinden. Kurz: plotrelevante Einflüsterungen gezielt streuen.

Eine Seherin könnte „fremde“ Mitspieler bei einem Ereignis sehen, diese im Lager wieder erkennen und ansprechen. Die Betroffenen wiederum werden höchstwahrscheinlich Kontakt mit ihr halten, um über neue Einblicke informiert zu sein. Gebt dieser Gruppe von Betroffenen nun noch einen Rätselplot, dessen Lösung sie mit Hilfe von Eindrücken aus der Vision näher kommen, und die Angelegenheit wird zu einem Selbstläufer.

Ein Druide könnte Wünsche des Waldes hören, welche einer Aktion widersprechen, die eine ihm fremde Gruppe plant. Würde er nicht seine 2-3 Freunde zusammen suchen um besagte Aktion den Anderen auszureden? Aus einer solchen Grundlage kann sich, je nach Situation und Plot und Charakteren, eine positive oder negative Interaktion bilden, vielleicht umschleichen die Freunde des Druiden künftig die andere Gruppe, um das Ausbleiben ihres Vorhabens zu garantieren, oder beide Gruppen planen gemeinsam eine Alternative?

Wenn ihr eine zusätzliche LagerSL stellt, die Spieler beobachtet, lauscht, euch am Puls der Spielergespräche hält, und SC identifiziert, die sozusagen den „Zug verpasst“ haben, könnt ihr sie mit oben genannten Methoden wieder an Bord holen. Mit etwas Improvisation lassen sich die Zurückgebliebenen schnell mit anderen verbinden. Dies setzt genügend SL im Lager voraus, abhängig von der Größe des Cons, oder ein Talent als SL, im Vorbeigehen Spieler „aufzupicken“.

Natürlich verwenden fast alle SL bereits Eingebungen und Ähnliches, allerdings viel zu selten im Sinne dieses Beitrags.

3. Stammspieler: Achtung!

Der alte Weg aka „easy going Orga“: ihr macht eure 4. / 5. / 6. Veranstaltung. Ihr habt Stammspieler. Wir alle haben die Erfahrung gemacht: es gibt Aktive und Mitläufer. Auf einem sehr einfachen Weg wird unsere Fortsetzung XY ein Erfolg, wir bauen auf die Stammspieler, die bereits in unseren Hintergrund integriert sind.
Falsch. Mit jeder Wiederholung dieser Strategie schließt ihr den 0815 Neueinsteiger weiter aus.

Der „neue Weg“: Geht davon aus, daß die Stammspieler ob ihrer Erfahrung und Bekanntheit untereinander ohnehin in den Ablauf einsteigen, und nehmt gezielt die Neueinsteiger ins Visier, drückt sie ins Geschehen und auf die Stammspieler zu.

Natürlich wollt ihr eure Getreuen bedienen. Dies muß aber nicht zu 100% auf dem direkten Weg geschehen (Anspielung auf bereits Erlebtes). Auch ist mir bewußt: diese Strategie birgt Risiken. Ihr könntet etwa einen höchst relevanten Plotteil auf die „falschen Pferde“ setzen, sprich für euch neue Spieler ansprechen, die eine Aktion bunkern oder im Sand verlaufen lassen. Ein solches Risiko kann aber über geschickte Streuung gemildert werden. Gegenbeispiel: Wir waren auf einem Con, und vor Ort setzte die Orga darauf ihren Stammspielern vitale Elemente des Cons in die Hand zu geben, gekoppelt mit der Hoffnung, diese würden die Anderen mitziehen. Am Ende des Tages lief die Veranstaltung großartig, für die 30% Stammspieler, die restlichen Spieler verendeten außen vor. Ein oft unbeachtetes Risiko.

Stammspieler sind nicht nur ein Segen (man weiß, was man hat), je nach Herangehensweise der SL (oder auch Faulheit der Orga), können sie auch zu sehr fokussieren, zu stark von der Allgemeinheit entfernt agieren.

Einfache Gegenmaßnahme: schafft einen nennenswerten Ausgleich zu den Plotteilen, die Stammspieler gezielt ansprechen. Noch besser: schafft Plot, der eure Stammspieler unbemerkt zwingt, andere zu integrieren. Ihr macht die Planung, die Stammspieler die Arbeit. Alle Spieler und ihr ernten die Früchte.

4. NSC-Massenkontrolle:

Weiter oben habe ich von einer zusätzlichen LagerSL gesprochen, um am Puls der Entwicklung zu bleiben. Noch besser, aber auch viel schwieriger zu besetzen, ist eine NSC Festrolle, mit derselben Funktion.

Der NSC verbindet sich durch Spiel mit allen SC-Gruppen und sammelt IT kontinuierlich den Stand ihrer Aktionen ein. Das versetzt ihn in die großartige Lage, untereinander Unbekannte zusammen zu bringen („Ich kenne da jemanden, der…“). Gleichzeitig kann er für euch Information streuen.

Warum ist diese Rolle schwer zu besetzen?

Spielt euer NSC schwach, kann seine Aufgabe sehr aufgesetzt wirken. Spieler werden ins OT gedrückt durch halb-atmosphärische Diskussionen oder fühlen sich eingeengt, an einer Schnur geführt. Und selbst wenn ihr dies hinter den Kulissen tut, wollt ihr niemals ein solches Gefühl vermitteln (Stichwort Railroading).

Die Rolle ist außerdem für den NSC höchst fordernd, anstrengend (Koordination, Kontakt zu vielen Menschen, viele neue Namen) und im Zweifelsfall muss er persönliche Apathie überspielen. Er braucht das richtige Feingefühl im Umgang mit Menschen, um seine eigentlich koordinierende Funktion in einer Hülle von IT Atmosphäre zu verpacken.

Unserer Erfahrung auf Schwarzbernstein 1: wir hatten zwei solcher NSC, wobei der eine zu ruhig und zurückhaltend agierte, um seine Funktion zu erfüllen, und der andere – vom IT fortgerissen – soviel Eigeninitiative entwickelte, daß die Reaktion weniger Spieler darauf die Festrolle in spontanen Miniplots festklebte. Das war sehr schön für den NSC und die wenigen Spieler, ging aber weit am Plan vorbei.

Ein Gegenbeispiel: unser Verräter-NSC hatte derart viel Charme und ein Händchen mit anderen, die Spieler hatten keine echte Chance, das Übel aufzudecken. Ergo von uns fehlbesetzt, die Person wäre der geborene Koordinator gewesen.

In einer perfekten LARP-Welt würdet ihr eine große Zahl NSC jeweils ein kleines Bruchstück der beschriebenen Koordination ausführen lassen, wobei alle Teile zusammen fließen, um das Ganze zu formen. In der Realität – sagen meine Erlebnisse – scheitert dies zumeist an einer Kombination von überfoderten (bzw. schwach gebrieften) Orgas / SLs / NSCs plus Zeitdruck und / oder Resourcenmangel.

Schnitt: der Umfang dieses Eintrags ist weit größer, als ursprünglich gedacht. In ein paar Tagen veröffentliche ich Teil 2, da noch einige Ideen aus SL Sicht ausstehen.

Links:
Schwarzbernstein
Boolk

Ähnliche Beiträge:

Fantasie & Rollenspiel Konvent
Review zu Talisman Prologue
Splittermond angeschaut
Share

Tags: , , , , , , , , , ,

Leave a Reply

© 2009 Carpe Pagina. All Rights Reserved.

This blog is powered by Wordpress and Magatheme by Bryan Helmig.